LG "2. Lehrgang zum Prüfungsprogramm" im Jiu-Jitsu-Leistungszentrum Wuppertal-Dornap am 16.05.2004    
     
30 Teilnehmer fanden sich am Sonntag, dem 16. Mai trotz des strahlenden Sonnenscheins im Jiu-Jitsu-Leistungszentrum Wuppertal-Dornap zum 2. Teil des Trainerlizenzlehrgangs ein. Referent Jochen Kohnert (9. Dan) leitete den Lehrgang mit einer Ehrung des ehemaligen 1. Vorsitzenden der Jiu-Jitsu-Union, Klaus Wirtz (7. Dan), der sich leider aus privaten Gründen aus dem Vorstand zurückzog.

Dabei überreichte er ihm einen wertvollen original japanischen Holzschnitt aus dem 18. Jahrhundert. Es zeigt einen ganz in blau gehaltenen Japaner mit Katana. Die Freude in Klaus`Gesicht ließ erkennen, dass dieser überaus seltene Druck seinen Geschmack getroffen hatte. Eine besondere Ehrung für einen fairen und engagierten Sportler, der stets das Wohl seiner Sportkameraden und der Jiu-Jitsu-Union als Ziel vorgab und seine
 

Ansprüche an sich selbst sehr hoch setzte. Die Gründung des Jiu-Jitsu Leistungszentrums in Wuppertal-Dornap im Jahre 2000 ist ihm zu verdanken.

Unmittelbar nach der Gründung der Jiu-Jitsu-Union 1983 trat Klaus Wirtz mit seinem Verein VJJV aus Velbert der Union bei. Nur wenige Jahre später bereits übernahm er mit Hans Brüning die Übungsleiterausbildung von Jochen Kohnert und dem leider viel zu früh verstorbenen Dr. Georg Stiebler. Zahlreiche Jiu-Jitsuka verdanken ihm eine nicht nur sachlich fundierte, sondern auch abwechslungsreiche und von menschlicher Wärme geprägte Ausbildung zum Übungsleiter. Als Lehrwart schließlich überlegte sich Klaus Wirtz, was er Neues in den Verband einbringen könne. So führte er die Jiu-Jitsuka an Thai-Chi-Chuan heran. - ich selbst kann mich noch gut als Teilnehmerin an die interessanten wie auch sehr witzigen Lehrgänge erinnern. Als letztendlich 1. Vorsitzender der Jiu-Jitsu-Union hatte Klaus Wirtz auf der Höhe seiner sportlichen Karriere es verstanden, dem Verband mit Herz, Verstand und Weitsicht die Weichen für eine innovative Zukunft zu stellen.

Rückblickend auf seine 50-jährige Erfahrung als Budosportler - beginnend 1954, als er als Judoka anfing - ist es ihm gelungen, in dieser Zeit den Bekanntheitsgrad des Jiu-Jitsu erheblich zu erhöhen und zahlreiche Sportler dafür zu begeistern.

Nach der Ehrung folgte der sportliche Teil des Tages:

Aufbauend auf dem 1. Lehrgang am 17. Dezember letzten Jahres, indem die Fallübungen (Ukemi) bis zu den Transportgriffen behandelt wurden, wurden hier die Abwehrtechniken von Hand- und Armfassen über Waffentechniken bis hin zu der Abwehr freier Angreifer thematisiert. Übereinstimmend wurde dabei festgehalten, dass eine effektive Abwehrtechnik nicht aus zahlreichen nacheinander folgenden Abwehrkombinationen bestehen sollte. Das Gegenteil ist der Fall: Je kürzer eine Abwehrtechnik, desto weniger Fehler können dem Abwehrenden unterlaufen. Auch werden Kraft und Kondition gespart, die man bei evtl. weiteren Angreifern noch haben muss.

Gerade bei Frauen ist eine kurze aber effektive Abwehrtechnik besonders wichtig, da eine zweite Chance der Abwehr überaus selten ist. Hervorgehoben wurde auch, dass das Einhalten der "Verhältnismäßigkeit der Mittel", insbesondere bis zu den Fußtechniken, eingehalten werden sollte. Hier wurden die Teilnehmer auf das Erkennen von Gefahren und das richtige Verhalten in dieser Situation sensibilisiert.

"Wann wird es ernst?", "Muss ich mich nun einer direkten Konfrontation stellen?", "Kann ich mich noch zurückziehen?", "Welche Abwehrtechnik setze ich ein?", "Bin ich ganz allein auf mich gestellt oder kann ich noch auf fremde Hilfe hoffen?", Ist genügend Zeit, die Situation zu überdenken oder ist mein Handeln automatisiert?", "Habe ich genügend Mut, mich zu verteidigen, oder zögere ich zu lang?" Viele Fragen wurden aufgeworfen und erörtert.

Insbesondere bei einer Bedrohung mit einem Messer oder einer Pistole wurde deutlich, dass es sich dabei um einen möglichen Angriff gegen das Leben handelt und die Verhältnismäßigkeit keine Rolle mehr spielt. Aber auch wenn eine 100 %-ige Garantie ausgeschlossen werden kann, dass eine Abwehrtechnik funktioniert, so lässt aber zum Einen das Erkennen einer realen gegenwärtigen Gefahr und zum Anderen die Einschätzung, ob und welche Abwehrtechnik funktionieren könnte in Verbindung mit einem intensiven Trainingsprogramm bereits eine größere Chance erkennen, als gar kein Training . Auch die vorherige intensive mentale Auseinandersetzung mit diesem Thema bringt ein großes Maß an Sicherheit, da die verschiedensten Situationen bereits während der Übungsstunden durchdacht und durchprobt worden sind. Die Sicherheit wird mit zunehmendem Training immer größer.

Sollte man gezwungen werden, sich zu einer Abwehrtechnik zu entschließen, sollte diese in aller Härte konsequent bis zum Schluss durchgezogen werden. Das Augenmerk sollte während einer Abwehr gegen einen Waffenangriff zu 100 % auf die Waffe gerichtet werden, da diese auch während der Abwehr eine enorme Gefahr darstellt. Besonders wichtig ist es auch, die Waffe nach einer erfolgreichen Verteidigung unter Kontrolle zu bringen und sie zu sichern.

Bei der Abwehr freier Angreifer letztendlich mussten die Teilnehmer sich gegen mehrere Angreifer nacheinander verteidigen. Hauptaugenmerk lag hier auf der Übersicht, die Tori über die Angreifer haben musste, auf der Vielfältigkeit der Techniken und auf der Wirksamkeit der Abwehr. Alle Mitwirkenden waren sich hierbei einig, dass das Training "Abwehr freier Angreifer" daraufhin in den einzelnen Vereinen noch mehr gefördert werden sollte.