Ist Jiu Jitsu immer gleich Jiu Jitsu ? Oder gibt es Unterschiede auch innerhalb unseres Systems?
Und wo sind sie sichtbar, oder wo müssen wir ihnen Rechnung tragen?
Wir wollen hier einmal die drei Hauptformen genauer ausführen:
Jiu Jitsu als Kampfkunst
Die Wurzeln des Jiu Jitsu liegen bekanntlich in den alten Kampf- bzw. Kriegskünsten Asiens.
Jiu Jitsu hat sich dann innerhalb der japanische Systeme heraus gebildet. Alte Schulen wie das Takenouchi ryu trainieren heute noch wie schon im 17. Jahrhundert. Techniken hieraus sind nach
wie vor Bestandteil unseres Jiu Jitsu. Aber sind alle Techniken heute „zu gebrauchen“?
Die Antwort muss lauten: Kommt darauf an wofür.
Wir werden heute natürlich nicht mehr mit alten Waffen wie dem Schwert angegriffen (oder sehr selten, vorgekommen ist es schon); und da wir auch nicht mehr mit dem Schwert oder Dolch herum laufen macht es auch keinen Sinn sich entsprechend zur Wehr setzen zu müssen.
Aber – es geht um die Erhaltung einer alten Kunst. Um das Demonstrieren von alten Techniken, einem japanischen Kulturgut. Und wenn man schönes, spektakuläres Jiu Jitsu sehen möchte, dann sind die alten Techniken immer noch das beste Aushängeschild. Besonders dann, wenn sie in Kimono und Hakama demonstriert werden. Hier wird aber auch sofort klar, dass dies in unserem Alltag so nicht nützlich ist.
Kampfkunst- das sind also die Wurzeln, die Basis und letztendlich das Gesamtwerk Jiu Jitsu.
Jiu Jitsu als Kampfsport
Wenn wir heute auf die Matte gehen, haben wir in der Bekleidung schon Abstriche gemacht, eben
weil es im Hakama nicht immer einfach ist sich gut zu bewegen. Aber wir halten dennoch die
Etikette ein. Und wir betreiben Jiu Jitsu nach Regeln. Kampfsport heißt nach einem Regelwerk zu
kämpfen. So können wir Randori, Bodenkämpfe, Katameisterschaften und andere Wettkämpfe bestreiten, ohne den anderen zu verletzen.Wir können gewinnen oder verlieren, aber auf sportlicher, fairer Ebene. Wir haben Gegner aber keine Feinde.
Auch das trainieren der Techniken die wir als Selbstverteidigung erlernen, muss gewissen Regeln unterliegen. Auch hier steht die Gesundheit unseres Partners an erster Stelle. Wir können beim Training keinen Hebel durchziehen, der ursprünglich dafür entwickelt wurde dem Feind den Arm zu brechen.
Kampfsport heißt also: mit dem Partner zu lernen, zu trainieren, zu kämpfen, und dabei Spaß zu haben. Kampfsport heißt auch etwas für die Gesundheit und das körperliche Wohlbefinden zu tun. Dazu gehört auch das man in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten zusammen ist. Man betreibt gemeinsam Sport.
Jiu Jitsu als Selbstverteidigung
Selbstverteidigung ist der Hauptgrund für die meisten Menschen heut zu Tage mit Jiu Jitsu anzufangen. Und es ist auch der Hauptbestandteil des Trainings, den Jiu Jitsu, ob traditionell oder modern, hat den Sinn sich in einem Kampf gegen einen Angreifer (oder mehrere) erfolgreich zur Wehr zu setzen.
Hier muss man den modernen Anforderungen der Selbstverteidigung gerecht werden, und Techniken trainieren die uns heut zu Tage weiter helfen. Angriffe gegen moderne Waffen, und gegen Situationen unserer heutigen Alltagswelt sollen so realistisch wie möglich geübt werden. Man soll hierbei auch versuchen möglichst nah (realistisch) an den echten Angriff zu kommen, und möglichst nah an die Abwehr. Einzig die eigene, und die Gesundheit unseres Partners setzt uns hier
wieder Grenzen. Ansonsten muss Selbstverteidigung immer und überall möglich sein. Mit Jiu Jitsu betreiben wir also eine alte Kampfkunst, und lernen Techniken, mit denen wir uns heute noch absolut effektiv verteidigen können; oder einfach nur so zum Spaß miteinander kämpfen.
Wir lernen eine realistische, vielfältige Selbstverteidigung, die zu den erfolgreichsten der Welt gehört. Und wenn wir diese demonstrieren möchten, können wir daraus eine Kunst machen.
Eine Prüfung beispielsweise wird sowohl realistische, strassentaugliche Selbstverteidigung enthalten, als auch anspruchsvolle, technisch schwierige Kampfkunst. Eine Ansprungschere zum Kopf kann kaum im Straßenkampf eingesetzt werden, auch wenn man sie noch so gut beherrscht. Sie wird aber auf einer Danprüfung oder Vorführung mit Sicherheit hohe Anerkennung finden.
Egal
ob Sport, Kunst, Kampf oder Wettkampf- alle diese Elemente gehören zusammen und machen letztendlich die Faszination des Jiu Jitsu aus. Wichtig für den Jiu Jitsuka ist es allerdings zu wissen, wann man keine Kunst anwenden sollte, und wann es mit den Regeln vorbei ist. Dann geht es um Selbstverteidigung und diese Unterschiede müssen klar sein.
Text: Martin Sülz
Fotos: Anja Fuchs
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